VVN-BdA
Stade
|
Johann Gerhard Behrens hätte sich im Religionsunterricht abfällig über die Ziele der NSDAP und günstig über Juden geäußert, so wurde in Stade verbreitet. Die am Montag, 16. September 1935 vom Reichsparteitag in Nürnberg heimkehrende SA beschloss, an dem »Volksfeind« ein Exempel zu statuieren. Mit einem Pappschild vor der Brust - »Ich bin ein Judenknecht« - und einem auf dem Rücken wurde der Pastor durch die Gassen der Stadt getrieben. Das Eingreifen des Regierungspräsidenten mit vorgehaltener Pistole verhinderte den Lynchmord. Das nach dem Pastor benannte Haus gegenüber der Wilhadikirche war ein passender Ort, um über die Bedrohung durch neue Nazis zu reden. Die Evangelische Familienbildungsstätte FABI hatte für Montag, 4. Oktober 2004 zu einem Vortrag des Stader Publizisten Uwe Ruprecht eingeladen, der sich den aktuellen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus zwischen Elbe und Weser widmete. 15 Neonazis versuchten, die Veranstaltung zu stören. Die rechtzeitig eingetroffene Polizei verwehrte ihnen den Zutritt. In den Gassen der Stadt verteilte der Trupp ein Flugblatt mit dem Titel »Vorsicht, Menschenjagd! Pastor-Behrens-Haus als Brutstätte für Antifa-Hetzprediger«. In infamer Weise stellten die Neonazis sich darin als Opfer dar: »Wann wird es die ersten Zusatzhinweise an Ortseingangssschildern geben, dass "Nazis" in dieser Stadt/in diesem Dorf nicht geduldet werden, dass das Gemeinwesen also "nazirein" sein möchte? Wie weit ist es dann noch bis zur "Schutzhaft für Nazis"? Und zum Zertrümmern der Fensterscheiben von "Nazis" in einer Bundeskristallnacht?« Über den Referenten heißt es weiter in dem Flugblatt: »Als Fleischwerdung neuzeitlicher Hochmoral will er vielmehr vor "Musik mit menschenverachtenden Texten" als "Einstiegsdroge" für Jugendliche warnen! (...) Irgendwann werden Ruprecht und Konsorten sich jedoch wünschen, nationalistische Jugendliche würden nur Musik machen!« Die Zeile: »Eines Tages werden sie sich wünschen, wir würden nur Musik machen...« stammt von T-shirts der als kriminelle Vereinigung eingestuften Rechtsrock-Band Landser, deren Mitglieder sich als »Terroristen mit E-Gitarre« begreifen. Als Modell für die vereitelte Störung fungierte offenbar die gelungene Sprengung einer Podiumsdiskussion in der Volkshochschule Buxtehude am 12. Januar 2004, die angeführt worden war vom stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD Niedersachsen, Adolf Dammann, und Dr. Reinhold Oberlercher (Hamburg), einem der Betreiber des »Deutschen Kollegs«, das sich als »Denkorgan des Deutschen Reichs« versteht. In Buxtehude war gleichfalls ein Flugblatt mit dem Titel »Vorsicht, Menschenjagd!« verteilt worden. Für das Stader Elaborat zeichnet Martin Zaha verantwortlich. Der 19-Jährige ist Betreiber der Website des »NPD-Stützpunkts Stade« und organisierte den Aufmarsch in Himmelpforten am 15. Mai 2004. Ein Dutzend jugendlicher Antifaschisten, die sich kurzfristig per SMS zusammengefunden hatten, sammelte Flugblätter ein, die hinter die Scheiben von parkenden Autos geklemmt worden waren.
Auf der Website des NPD-Stützpunkts Stade geben sich die Anhänger eines Massenvernichtungsregimes, die ihren Gegnern bei jeder sich bietenden Gelegenheit unverhohlen Gewalt androhen, als Lämmer, die doch nur reden wollen:
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Einer der jungen Männer, die sich in die Veranstaltung mogeln wollten, hatte bei der Störung der Podiumsdiskussion in Buxtehude im Januar bekannt: »Ich bin kein Faschist, ich bin ein Nationalsozialist!« Uwe Ruprecht erklärt dazu: »Eine demokratisch gepflegte Diskussion ist nicht möglich mit Leuten, die planen, die Demokratie abzuschaffen, um das von ihnen glorifizierte Dritte Reich zu wiederholen. Das hieße, sein Einverständnis zu geben, sich als Lamm zur Schlachtbank führen zu lassen. Toleranz gegenüber Neonazis wäre für Demokraten Suizid.«
Braune Störaktion
|