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eine Begriffsbestimmung des "Neofaschismus", seine
politisch-ideologischen Zielvorstellungen und eine Zusammenfassung der
neofaschistischen Gruppen und Parteien, die im Landkreis Stade in Erscheinung
treten.
Begriffsbestimmung Neofaschismus
Der in der Bundesrepublik als Bewegung existierende
Neofaschismus hat Merkmale, die auf alle neofaschistischen Gruppen zutreffen.
Diese erlauben es, eine zutreffende Beschreibung zu geben, was Neofaschismus
ist. Neofaschismus ist kein "anderer" Faschismus – es gibt keinen
Wandel und keine Änderung in den grundsätzlichen Zielsetzungen und Funktionen
des Faschismus. Die Begriffswahl "Neofaschismus" soll deutlich
machen: Faschismus in einer besonderen historischen Epoche – nach dem 8. Mai
1945 – und Faschismus als Bewegung in der heutigen Bundesrepublik. Beim
Neofaschismus handelt es sich um eine Bewegung, die eine Übertragung der
politischen Macht an sich selbst ideologisch und politisch vorbereiten will.
Die Bezeichnung "Neonazi" ist dann zutreffend
und vertretbar, wenn sie auf solche Neofaschisten angewandt wird, die sich
offen auf die besondere deutsche Form des Faschismus in Gestalt der Nazi-Partei
NSDAP und ihrer Unterorganisationen bezieht. Wir warnen jedoch davor, den
Neofaschismus und seine Organisationen vorrangig unter dem Maßstab der
äußerlichen Kennzeichen der NSDAP (Organisation, äuißerliche Einheitlichkeit,
Uniformen, Art des Auftretens) zu sehen. Entscheidend zur Einordnung sind zwei
Fragestellungen:
Zum einen die nach den politischen Zielen, also ihrer Weltanschauung. Zum zweiten die nach
den konkreten Auswirkungen ihrer Politik; ihren Tätigkeiten, Aufgaben und
Leistungen, in einem Wort: ihren Funktionen.
Politisch-ideologische
Zielvorstellungen
Volksgemeinschaft
Angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Entwicklung in Deutschland haben Verarmung, Vereinzelung und Verunsicherung
zugenommen. Die Neofaschisten geben vor, eine „Volksgemeinschaft“ zu errichten,
in der jeder „Deutsche“ seinen gesicherten Platz habe, der eine oben, der
andere unten. „Deutscher“ soll aber nur sein, wer aufgrund seines „Blutes“
dazugehört.
Rassismus und Ausländerfeindlichkeit
Statt alle Menschen gleich zu behandeln, teilen die
Neofaschisten die Menschen in „Rassen“ entsprechend ihrer Abstammung und ihres
Kulturkreises ein. Angeblich „minderwertige Rassen“ sollen auch weniger oder
keine Rechte haben. Parolen wie „Ausländer raus“ und „Deutschland den
Deutschen“ und die daraus erwachsenen mörderischen Aktionen zeigen diese Art
Menschenverachtung.
Antisemitismus
Wie die Nazis sprechen Neofaschisten von einer angeblichen
„Verschwörung des internationalen Judentums“, die für jegliche Missstände
verantwortlich gemacht wird. Neofaschisten schüren Hass, schänden Gräber,
zünden Synagogen an und bedrohen Juden. Sie verharmlosen oder leugnen den
Holocaust. Ziel: Die NS-Täter sollen reingewaschen werden. Die Legenden über
ihre vermeintlich guten Taten sollen Wege aus der Krise weisen.
Großdeutschland / Revanchismus
Neofaschisten lehnen die Grundsätze des Völkerrechts, wie
die Achtung der Souveränität der Staaten, ab. Auch nach dem Anschluss der neuen
Bundesländer (sie werden bewusst „Mitteldeutschland“ genannt) erkennen sie die
bestehenden Grenzen vor allem nach Osteuropa nicht an. Sie wollen wie die Nazis
ein Großdeutschland, um wirtschaftlich, politisch und militärisch eine führende
Rolle in der Welt zu spielen.
Verherrlichung von Krieg und Gewalt
Neofaschisten verneinen demokratische Regelungsformen bei
Konflikten. Sie gehen wie selbstverständlich davon aus, dass gegen innere wie
äußere „Gegner Deutschlands“ Gewalt ausgeübt werden darf und muss. Der Krieg
wird als Naturnotwendigkeit hingestellt, in dem „Ehre, Treue, Mut, Aufopferung“
bewiesen werden können. Die Umgangsformen von Neofaschisten sind autoritär,
militaristisch und teilweise offen gewaltorientiert.
Terror gegen politische Gegner
Für die Neofaschisten sind Terror und Gewalt typische
Mittel, ihre Politik durchzusetzen. Obwohl sie für sich selbst demokratische
Rechte (z.B. Rede- und Versammlungsfreiheit) beanspruchen, verstehen sie sich
als „Speerspitze gegen die Demokratie“. Sie wollen einschüchtern und Unruhe
verbreiten, um so eine Grundlage für den Ruf nach dem „starken Staat“ zu legen.
Abschaffung der Demokratie
Neofaschisten wollen alle demokratischen Rechte wie
Gleichheit, Freiheit und Selbstbestimmung beseitigen. Stattdessen sollen
ausschließlich „Eliten“ und ein „Führer“ in einem „starken Staat“ bestimmen.
Der „starke Mann“ soll alles richten, Missstände beseitigen, für „Recht und
Ordnung“ sorgen. Statt Engagement und Mitbestimmung wird Gehorsam verlangt. Wer
sich nicht einordnet, wird ausgegrenzt und verfolgt.
Kampf gegen Arbeiterbewegung
Gewerkschaften und Parteien, die sich für soziale
Verbesserungen einsetzen, stören nach Meinung der Neofaschisten die Einheit der
„Volksgemeinschaft“ und werden deshalb von ihnen bekämpft. Der Begriff der
Solidarität wird ausgehöhlt. Das neofaschistische Modell vom „Leben ohne
Klassenkampf“ bedeutet – wie im NS-Staat – die Aufteilung in „Betriebsführer“ und
„Gefolgschaft“.
Frauenverachtung und Mutterkult
Die Neofaschisten lehnen die Gleichberechtigung von Frau
und Mann ab. Das Recht selbst über Berufstätigkeit und Kinder zu entscheiden
wird Frauen von Neofaschisten bestritten. Leitbild ist die Frau, die sich dem
Manne unterordnet, sich für möglichst viele Kinder aufopfert und „Volk und
Vaterland“ dient. Emanzipation ist verpönt, der Begriff selbst wird umgedeutet:
Wirkliche Emanzipation sei es, wenn die Frau sich freiwillig beuge und diene.
Ansätze, Frauen in direkte neofaschistische Aktionen einzubinden, dienen vor
allem der Propaganda und haben am traditionellen Frauenbild nichts wesentliches
verändert.
„Blut- und Boden“ – Ökologie
Ökologische und gesellschaftliche Fehlentwicklungen werden
als Verstoß gegen „biologische“ Gesetzmäßigkeiten umgedeutet. Ähnlich der
nazistischen „Blut- und Boden“-Weltanschauung werden „Volksgemeinschaften“ als
– wie die Umwelt – besonders schützenswert dargestellt. Dem entsprechend wird
die Unterbindung des Zuzugs von Flüchtlingen als eine notwendige „ökologische“
Maßnahmen ausgegeben.
Neofaschistische Gruppen und Parteien im Landkreis Stade
"Der Stahlhelm"
e.V.
Der "Stahlhelm" hatte
in Jork–Klein Hove sein bundesweites Zentrum. Der "Bundesführer" und
sein Sohn betrieben dort das "Franz Seldte Haus" als Treffpunkt und
Ausgangort für Wehrsportübungen. Das oberste Ziel des "Stahlhelms"
war die "Wiederherstellung des Deutschen Reiches in seinen historischen
Grenzen und die Wehrhafterhaltung der deutschen Jugend." Im Juni 2000 kam
es zu einer Selbstauflösung des Vereins "Der Stahlhelm".
Der niedersächsische
Verfassungsschutzbericht 2000 schreibt darüber: "Mit dem Versuch verstärkt
Frauen, Jugendliche und Kinder für die Vereinsarbeit zu gewinnen, lenkte die
Organisation 1999 das Interesse der Öffentlichkeit auf sich. Die hierdurch
provozierten Reaktionen mögen die Selbstauflösung des Stahlhelms e.V.
beschleunigt haben."
NPD – Nationaldemokratische Partei Deutschland
Die NPD verfügt im Landkreis Stade seit mehr als 40 Jahren
über gefestigte Parteistrukturen, zur Zeit den Unterbezirk Stade/Elbe-Weser.
Mit Adolf Dammann (Buxtehude-Neukloster)
als stellv. Landesvorsitzenden und Fritz-Ulrich Bundt (Hagenah-Großenwörden)
als Beisitzer (Landesschatzmeister) gehören zwei langjährige Funktionäre aus
dem Landkreis Stade dem derzeitigen NPD-Landesvorstand an.
An den letzten drei
Kommunalwahlen beteiligte sich die NPD über von ihr gesteuerte
Wählergemeinschaften. In Harsefeld wurde 1991 die Frau des damaligen
NPD-Kreisvorsitzenden in den Gemeinderat gewählt. Bei der Kommunalwahl 1996
kandidierte die Wählergemeinschaft „Bündnis Rechte“ zur Kreistags- und zu
Gemeinderatswahlen. Der langjährige NPD-Funktionär Peter Brinkmann wurde über
die Liste der Wählergemeinschaft in den Kreistag gewählt. 2001 kandidierte
erneut „Bündnis Rechte“ zur Kreistagswahl, verfehlte aber knapp ein Mandat im
Kreistag.
Direktkandidat im Wahlkreis
Stade-Cuxhaven bei der Bundestagswahl war 2002 Peter Hess (Ahlerstedt) und 2005
Adolf Dammann (Buxtehude-Neukloster).
In Bargstedt hat die NPD und ihre
Jugendorganisation seit Jahren Schulungsveranstaltungen in Räumen der „Alten
Mühle“, sie gehört Adolf Dammann, durchgeführt.
In Wangersen konnte die Partei
die Gaststätte „Zur Post“ regelmäßig für ihre Veranstaltungen nutzen.
Die NPD bekam bei der Europawahl
2004 im Landkreis Stade 564 Stimmen.
JN – Junge Nationaldemokraten
Der niedersächsische Verfassungsschutzbericht 1999
benannte die Region Buxtehude als einen Schwerpunkt der JN (Jugendorganisation
der NPD) in Niedersachsen. Der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2001
stellte fest: Besondere Aktivitäten
entfalten die niedersächsischen Jungen Nationaldemokraten in den Landkreisen
Stade, Rotenburg, Verden, Nienburg und Schaumburg. In dieser Zeit fanden
mehrere Schulungen und Veranstaltungen der JN in der „Alten Mühle“ in Bargstedt
statt.
Die JN wiesen 1998 anlässlich
einer Stützpunktgründung im Landkreis Stade ausdrücklich darauf hin, dass
Waffen und verfassungsfeindliche Kennzeichen zuhause bleiben sollen. Der JN-Landesverband Niedersachsen hatte
jahrelang sein Konto bei einer Bank in Stade, bis es seitens der Bank im August
2000 gekündigt wurde.
Ein eigenständiges Auftreten der
JN, bis auf die Verantwortlichkeit für Flugblättern, fand die letzten Jahre
nicht mehr statt.
REP – Republikaner
Die REP waren jahrelang die neofaschistische Partei mit
den höchsten Stimmanteil im Landkreis Stade. Die Partei verfügte zeitweise über
einen Kreisverband Stade. Nach Kandidatur bei der Landtags- und Bundestagswahl
1994 mit einem Direktkandidaten aus dem Landkreis Stade, beteiligten sich die
REP bei der Kommunalwahl 1996 an der Wählergemeinschaft „Bündnis Rechte“. Aufgrund der Zusammenarbeit
mit der NPD in der Wählergemeinschaft lief ein Parteiausschlussverfahren gegen
ein führendes REP-Mitglied, das durch einen Parteiaustritt hinfällig wurde. Bei
der Landtagswahl 1998 konnten die lokalgeschwächten REP keine eigenen
Direktkandidaten in den zwei Wahlkreisen im Landkreis Stade stellen, bei der
Bundestagswahl 1998 lediglich einen ortsfremden Direktkandidaten für den
Wahlkreis Stade-Rotenburg.
Die REP bekam bei der Europawahl
2004 im Landkreis Stade 329 Stimmen.
Ab jetzt ... Bündnis für Deutschland
Im Frühjahr 1997 rief
die Wählergemeinschaft „Bündnis Rechte“ mit anderen Gruppen zur Gründung
eines „Bündnis für Deutschland“ auf. Mit dem Bündnis wollte man Interessierte
aus verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen zu einer
gruppenübergreifenden Zusammenarbeit und Kandidatur in Hinblick auf die
Bundestagswahl 1998 gewinnen. Der Gründungsaufruf wurde auch von Rechtsextremen
aus dem Landkreis Stade unterschrieben und 1997 gab zeitweise eine
Geschäftsstelle im Landkreis Stade. Bei der Bundestagswahl 1998 gelang es dem
Bündnis lediglich in einzelnen Schwerpunktwahlkreisen zu kandidieren.
„Ab jetzt ... Bündnis für
Deutschland“ bekam bei der Europawahl 2004 im Landkreis Stade 241 Stimmen.
DP – Deutsche Partei
Die in den neunziger Jahren wiedergegründete DP bemühte
sich um einen Zusammenschluss mit anderen reaktionären Parteien. Der sich zum
Jahresende 2000 auflösende „Bund freier Bürger“ empfahl seinen Mitgliedern
einen Beitritt zur DP. Die Partei verfügte zeitweise über regionale Strukturen
in den Kreisen Stade, Cuxhaven und Harburg, die aber durch parteiinterne
Auseinandersetzungen und durch Tod von Parteipropagandisten zerfielen. Bei der
Kreistagswahl 2001 errang die DP mit 1% der Stimmen ein Mandat im Kreistag von
Harburg.
Die DP bekam bei der Europawahl
2004 im Landkreis Stade 186 Stimmen.
BR – Wählergemeinschaft Bündnis Rechte
Die Wählergemeinschaft BR wurde im Landkreis Stade aus
Anlass der Kommunalwahl 1996 gegründet. Der Gründung ging ein gemeinsamer Brief
der Kreisvorsitzenden von REP und NPD an Mitglieder, Interessenten und Förderer
voraus.
Auf der Liste zur Kreistagswahl
kandidierten insgesamt 28 Personen (darunter 11 Mitglieder der NPD und zwei der
REP). Es zeigten damit 15 Personen die Bereitschaft, als Parteilose für eine
rechtsextreme Gruppierung zu kandidieren.
Der langjährige NPD-Funktionär
Peter Brinkmann (Wangersen) wurde für BR, bei 1,7% der Stimmen, in den Kreistag
gewählt. Brinkmann hat zwischenzeitlich einen Leserbrief und ein Flugblatt als
NPD-Kreistagsabgeordneter (!) unterschrieben.
BR versuchte die folgenden Jahre
mit eigenen Veranstaltungen an die Öffentlichkeit zu treten. Im Frühjahr 1997
rief BR zur Gründung eines „Bündnis für Deutschland“ auf.
Bei der Kreistagswahl 2001 trat
BR erneut mit 16 Kandidaten an. Mindestens neun von ihnen hatten bei vorherigen
Wahlen schon für die NPD kandidiert oder hatten Funktionen in der Partei. Bei
kreisweit 1,5 % der Stimmen verfehlte BR knapp ein Mandat im neugewählten
Kreistag.
BR war neben NPD-Gliederungen und
Kameradschaften im Frühjahr 2005 einer der Unterzeichner eines Aufrufes für
einen Aufmarsch am 1. Mai in Berlin.
Kameradschaften – Freie Nationalisten
Als Reaktion auf das Verbot von neofaschistischen Gruppen
und Vereinen hat sich im Schatten der NPD seit etwa 12 Jahren ein bundesweit
aktives Netzwerk von „Freien Kameradschaften“ gebildet. Die Behörden gehen von
über 160 dieser neofaschistischen Gruppen aus, die zwar nach außen hin
unabhängig und lokal agieren, aber insgesamt vernetzt sind. Die Kameradschaften
vermeiden organisationsähnliche Strukturen um keine Ansatzpunkte für ein Verbot
zu bieten.
Regional war im Landkreis Stade die Kameradschaft
Elbe-Weser aktiv. Die letzten Jahre machten im Landkreis Stade Einzelpersonen
mit Verbindungen zu Kameradschaften und
sog. „Freie Kräfte“ aus Harburg auf sich
aufmerksam .
(Stand: April 2006)
Wir würden uns über Informationen zum Neofaschismus im Landkreis
Stade freuen.
Bitte senden an
VVN-BdA
Postfach 2105
21661 Stade
Tafelausstellung:
"Neofaschismus in Deutschland"
Weitere Infos:
NPD
Deutsche
Partei
Bündnis
Rechte
Der
Stahlhelm
Nationaldemokraten
Stade
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