VVN-BdA Stade

Ein SS-Mann aus Stade

Dokumentation



Vergessene Opfer
Einleitung

»Entbindungsstätten«

Zwangssterilisation
Euthanasie
Literatur

Neofaschismus
Einleitung
C h r o n o l o g i e

Überfall in Kutenholz

NPD
Deutsche Partei

Bündnis Rechte
Der Stahlhelm
A r c h i v

Revanchismus
Einleitung
Goldap
Ostpreußen

Presseartikel
A r c h i v

Erinnerung & Vermächtnis
Einleitung

Aktionen
Aktuelles

Archiv

Datenschutz

home


Keine Gewähr für externe Links.

© VVN-BdA Stade 2003



Vor dem Landgericht Berlin fanden 1962 und 1966 Prozesse statt gegen die Führer des Einsatzkommando 9, in dem Gustav W. von Juni 1941 bis November 1942 diente.

In einem Bericht der Ost-Berliner Zeitung Neue Zeit über eine Sitzung beim Prozess gegen Dr. Alfred Filbert, den ersten Chef des EK 9 von Juni bis Oktober 1941, und fünf weitere Teileinheitsführer vor dem Landgericht Berlin im Mai und Juni 1962, heißt es:

»Die Mordtaten waren mit bürgerlicher Pendanterie genau reglementiert. Wie der frühere SS-Scharführer Gustav Wolters vom Polizeireferat des Einsatzkommandos 9 - heute wohlbestallter Kaufmann in Stade - aussagte, war der Gang der Dinge folgender: Jeden Abend hing in den Unterkünften der Dienstplan mit den Namen derjenigen aus, die am nächsten Tage an den Mordaktionen teilzunehmen hatten.«

Im Urteil des Landgerichts Berlin zum selben Prozess heißt es über die Zeit Anfang August 1941:

»Auch in Witebsk nahm auf Dr. Filberts Befehl das Einsatzkommando 9 bald nach seiner Ankunft die Judenerschiessungen auf. In den ersten 10 Tagen seiner Anwesenheit in Witebsk haben mindestens zwei Erschiessungsaktionen mit mindestens je 100 Opfern stattgefunden, bei denen Angehörige des Polizeizuges als Absperrkommando teilnahmen. Als Schützen wurden Gestapobeamte aus dem Polizeireferat, unter ihnen der Zeuge Wo., herangezogen. Die Opfer wurden zu Fuss etwa 2 km aus dem Ort zu einem Gelände herausgeführt, in dem Schützenlöcher und Panzergräben aus den Kämpfen um Witebsk das Ausheben von Gruben ersparten oder mindestens erleichterten. Sie mussten sich an einem Sammelplatz der Oberbekleidung entledigen und wurden dann in Gruppen von zehn Personen zur Exekution geführt, die bei der ersten Aktion mit Karabinern, bei der zweiten möglicherweise mit Maschinenpistolen in unregelmäßigem Feuer durch Genickschuss erfolgte. Auf das Verbinden der Augen der Opfer wurde jetzt verzichtet; ebenso wurde nicht mehr darauf Bedacht genommen, die Erschiessungsstätte ausser Sichtweite vom Sammelplatz zu halten.« Urteil LG Berlin gegen Filbert u.a., 22.6.1962, 3 PKs 1/62, in: Adelheid L. Rüter-Ehlermann/C. F. Rüter (Hg.): Justiz und NS-Verbrechen, Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945-1966, Bd. 18, Amsterdam 1968, S. 620

Gustav W.

aus Presseberichten über den Einsatzkommando-Prozess von 1962
(Bundesarchiv der VVN-BdA, Hamburg)

Die Mörder sind Bürokraten: »Sie "legten" zunächst ihre Opfer "um" und anschließend in Listen "an".« (Christ und Welt, Stuttgart 2.6.1962)

»Mit der qualmenden Zigarette saßen die Mörder am Rand der Grube und gaben, während ihre Beine in die Grube baumelten, die tödlichen Salven ab. Die Mordergebnisse wurden als "Ereignismeldungen", die als "Geheime Reichssache" galten, dem Reichssicherheitshauptamt übermittelt.« (BZ am Abend, Berlin-Ost 14.5.1962)

Dr. Filbert, im Gerichtssaal gezeichnet

»"Für uns, die wir in diese Verstrickung hineingetrieben wurden, war es aussichtslos, etwas zu tun. Ein Weg wäre mir offengeblieben, um nicht mehr mitzumachen: ich hätte mich erschießen müssen!", sagte Filbert mit Pathos am Schluss seiner Vernehmung. Der Richter nickte.« (Der Tagesspiegel, Berlin-West 17.5.1962)

»"Ich habe von keinem Fall der Befehlsverweigerung gehört", sagte Filbert.« (Der Kurier, Berlin-West 17.5.1962)

»Vorsitzender: "Stimmt es, dass es beim Kommando hin und wieder Leute gab, die Erschießungen ausgesprochen gern durchführten?" [Angeklagter] Tunnat: "Ich glaube schon."« (Der Abend, Berlin-West 22.5.1962)

»Das Ermittlungsverfahren gegen die der Beihilfe zum Mord verdächtigen Zeugen ist inzwischen eingestellt worden, weil die Staatsanwaltschaft bei ihnen einen echten Befehlsnotstand nicht ausschließen konnte.« (Telegraf, Berlin-West 25.5.1962)

Zeitungsartikel über einen Prozess gegen den Leiter des Polizeireferats des EK 9

»Zeuge: "Als mir die Knie zitterten, meinte Filbert: 'Gefühlsduselei gibt es nicht. Das sind keine Menschen, sondern Figuren!' Dann nahm Filbert mein Gewehr und sagte: 'So muss geschossen werden.'"« (Der Kurier, Berlin-West 29.5.1962)

»Richter: "Auf welche Art wurden die Kinder umgebracht?" - Zeuge: "Sie wurden von den Frauen auf dem Arm zur Grube getragen." - Richter: "Dann mussten Sie jeweils zweimal schießen?" - Zeuge: "Ja, erst auf die Mutter. Wenn sie mit dem Kind in die Grube gestürzt war, wurde auf das Kind extra geschossen." - Richter: "Wie war es mit den älteren Kindern?" - Zeuge: "Sie wurden in gesonderten Gruppen vom Sammelplatz zur Grube geführt." - Richter: "Verhielten sie sich dabei ruhig?" - Zeuge: "Nein. Sie weinten und schrien natürlich." - Richter: "Wie alt waren diese Kinder?" - Zeuge: "Vielleicht 10 bis 14 Jahre."« (Telegraf, Berlin-West 31.5.1962)