21. Januar 2000
Auf ein von 42 Flüchtlingen bewohntes Haus in Harsefeld
wird ein Brandanschlag verübt. Ein Molotow-Cocktail wurde
gegen ein Fenster geschleudert, gelangte aber nicht ins
Gebäude. Dadurch wurde eine Brandkatastrophe verhindert.
25. Januar
2000
Die Polizei fasst fünf Täter, die an dem
Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Harsefeld
am 21.1. beteiligt waren. Die Täter sind geständig.
»Zwar müsse der Hintergrund des Anschlags auf die
Asylbewerberunterkunft noch näher erforscht werden, eine
rechtsextreme Motivation sei aber nicht erkennbar«, so ein
Polizist vom Staatsschutz.
27. Januar
2000
In der Nacht zum 28.1. werden in Horneburg mehrere
Stellen (u.a. Realschule, Bahnhof, Kirche, ein Geschäft) mit
Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert. An einem Geschäft,
dessen Inhaber aus der Türkei stammt, werden die
Fensterscheiben zertrümmert. Die Täter werden etwa
drei Monate später ermittelt. Es handelt sich um zwei
Skinheads aus Horneburg und Bremervörde.
16.
Februar 2000
In einem Interview mit dem Wochenblatt
erklärt der Stader Polizeisprecher John trotz einer
Häufung von neofaschistischen Schmierereien und
Anschlägen sowie bekanntgewordener
»Stahlhelm«-Aktivitäten: »Nein,
der Kreis ist keine rechte Hochburg.«
19.
Februar 2000
In Neuenkirchen bei Horneburg wird ein
28-jähriger Türke aus dem Raum Hannover von drei
Neonazis zusammengeschlagen. Zuvor hatten die drei eine Frau
veranlasst, per Internet einen ausländischen Freund zu suchen
(»Deutsches Mädchen sucht ausländischen
Freund«), worauf sich der Mann meldete. Unter einem Vorwand
wurde er in eine Neuenkirchener Wohnung gelockt, wo ihm dann u.a. das
Nasenbein zertrümmert und er - am Boden liegend - getreten
wurde. Er konnte mit einem angehaltenen Auto entkommen. Beteiligt an
der Tat ist Lars Hildebrandt, der Haupttäter des
Überfalls auf eine Kutenholzer Flüchtlingswohnung am
19.5.1999.
Anfang
März 2000
Die Grundschule in Ahlerstedt und das Harsefelder
Rathaus werden mit Hakenkreuzen, SS-Runen und anderen faschistischen
Parolen besprüht.
März
2000
Schwerpunkte des 40 Mitglieder umfassenden JN-Landesverbandes
(NPD-Jugendorganisation) liegen nach Aussage des im März
vorgestellten niedersächsischen Verfassungsschutzberichtes
für 1999 in den Regionen Buxtehude und
Verden.
8./9.
März 2000
In Fulda beschließen BFB (Bund Freier Bürger), DP
(Deutsche Partei) und DSU (Deutsche Soziale Union), sich zu vereinigen.
Die DSU machte kurze Zeit später einen Rückzieher. In
Apensen (Landkreis Stade) wohnt der
DP-Funktionär Wilken Weseloh, ein Befürworter der
Fusion.
12. April
2000
Einen erheblichen »Aufwärtstrend« bei
rechtsextremistischen Straftaten gab es im Landkreis Stade. Waren es
1998 noch 62 Taten, so gab es im folgenden Jahr 88. Das ist eine
Zunahme von 42 Prozent. (Aussagen bei Vorstellung der Kriminalstatistik
1999).
22. Mai
2000
In Stade-Hahle werden zwei Türken mit
neofaschistischen Parolen beleidigt, bedroht und tätlich
angegriffen. Die zwei Täter werden von der Polizei gestellt.
Es wird wegen gefährlicher Körperverletzung,
Beleidigung und Volksverhetzung ermittelt.
30. Mai
2000
Im Prozess gegen die Täter vom 19.5.1999 (Überfall
auf Flüchtlinge in Kutenholz-Aspe) wird
Lars Hildebrandt zu 18 Monaten Gefängnis, die übrigen
vier Angeklagten zu Bewährungsstrafen verurteilt. Allen wird
mehr oder weniger geglaubt, dass sie sich von neofaschistischen
Strukturen lösen bzw. gelöst haben. Dass ein in
dieser Angelegenheit bereits zu einer Jugendstrafe verurteilter Zeuge
mit einem Ärmelaufnäher »Kameradschaft
Elbe-Weser« erscheint, veranlasst das Gericht nicht zu
Nachfragen. Die Opfer des Überfalls sind zwar als Zeugen
geladen, werden aber nicht gehört. Prozessbesuchern
gegenüber sagen die Opfer nach der Verhandlung aus, dass sie
bereits vor dem Überfall Morddrohungen erhalten hatten.
9. Juni
2000
In Stadersand kommt es am Abend zu einer
Schlägerei, bei der Strandbesucher, die dort Ball spielen, von
einer Gruppe Jugendlicher angegriffen werden. Fünf
Streifenwagen sind im Einsatz. Die Jugendlichen sollen der rechten
Szene angehören. Bis jetzt liegen der Öffentlichkeit
noch keine weiteren offiziellen Informationen dazu vor.
28. Juli
2000
Im Umkreis einer Stader Schule tauchen Aufkleber
der JN (Junge Nationaldemokraten, Jugendorganisation der NPD) auf, die
von einem couragierten Bürger abgerissen werden, der auch die
Polizei informiert. Im Gegensatz zu den Äußerungen
vom Stader Polizeisprecher John: »...das letzte Mal vor etwa
zwei Jahren...« steht fest, dass permanent neofaschistische
Aufkleber der NPD in Stade auftauchen.
7.
September 2000
Zwei Teilnehmerinnen eines Qualifizierungskurses an der Volkshochschule
Buxtehude erhalten
ausländerfeindliche Post. Die Staatsschutz-Abteilung der
Stader Polizei ermittelt. Polizeisprecher John sagt: »Den
jungen Frauen ist vorgeworfen worden, anderen Leuten die
Kursplätze an der VHS Buxtehude wegzunehmen« und
ergänzt: »Außerdem ist ihnen angeraten
worden, in ihre Heimatländer
zurückzukehren.«
19.
September 2000
Ein junger Mann aus Stade wird vom Stader Jugendgericht zu einer
Geldstrafe von 1500 DM verurteilt für seine Beteiligung am
Überfall vom 22. Mai 2000 in Stade-Hahle.
Der Richter setzt die Strafe dabei höher als der Staatsanwalt,
der lediglich 1000 DM gefordert hatte. Der Haupttäter erschien
nicht zur Verhandlung und wird jetzt per Haftbefehl gesucht. Damit hat
die Stader Justiz diesmal überraschend zügig
gehandelt.
Ende
September/Anfang Oktober 2000
»Argumente statt Verbote - NEIN ZUM NPD-VERBOT!«
heißt es auf Flugblättern und Aufklebern der NPD,
die in Stade und anderen Orten des Landkreises auftauchen. Der
NPD-Parteivorstand hatte am 15.08.2000 einen
»Maßnahmenkatalog gegen das geplante
NPD-Verbot« beschlossen und angekündigt
Flugblätter und Aufkleber zu erstellen, die NPD-Mitglieder
wurden aufgefordert »das Material zahlreich zu bestellen und
zu verteilen«.
30.
Oktober 2000
Eine Lokomotive des Stadtexpresses auf der Strecke Stade - Neugraben
wird mit antisemitischen Parolen beschmiert. Die Lokomotive
fährt während des ganzes Tages mit einem Davidstern
auf Frontseite, indem das Wort »Jude« geschrieben
wurde. Der antisemitische Spruch an der Seite des Lokomotive wird schon
mittags von der Bundesbahn unkenntlich gemacht.
11.
November 2000
Ein 18-jähriger Stader wird wegen Körperverletzung zu
neun Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Eine
Arbeitsauflage von 60 Stunden kommt als flankierende Maßnahme
hinzu. Der junge Mann hatte am 22. Mai, zusammen mit einem inzwischen
verurteilten Bekannten, zwei Türken in Stade-Hahle
tätlich angegriffen. Da er zum ersten Verhandlungstermin nicht
erschienen war, wurde er in Handschellen aus der U-Haft in den
Gerichtssaal geführt.
12.
November 2000
»Der JN-Freundeskreis Stade wird es sich auch in Zukunft
nicht nehmen lassen, durch die Straßen zu gehen, um an
Stadtfesten teilzunehmen.« heißt es in einer
Presseerklärung der Jungen Nationaldemokraten
(Jugendorganisation der NPD). Anlass der Presseerklärung waren
Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Mitgliedern der Jungen
Nationaldemokraten während der
»Kneipennacht« am 11. November in Buxtehude. Als
Kontaktadresse gibt der JN-Freundeskreis Stade ein Postfach der NPD in
Harsefeld an, das auch von der Wählergemeinschaft
»Bündnis Rechte« benutzt wird.
13.
November 2000
In Apensen kommt es zu einer umstrittenen
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an einen CDU-Kommunalpolitiker.
Der Mann war Mitglied der Waffen-SS und wurde, als Parteiloser,
erstmalig 1968 als NPD-Kandidat in den Stader Kreistag
gewählt, bevor er 1970 zur CDU wechselte. Die Kandidatur des
Kommunalpolitikers für die NPD hatte der Landkreis Stade bei
seinem positiven Vorschlag für das Bundesverdienstkreuz nicht
erwähnt. In der öffentlichen Diskussion um die
Ordensverleihung werden von Leserbriefschreibern in der regionalen
Tageszeitung die Funktion und die Verbrechen der Waffen-SS geleugnet.
Ein CDU-Kommunalpolitiker behauptet im Stader Tageblatt:
»Die 18-jährigen sind damals in diese Gruppierung
gezwungen worden.« Als »Schandfleck«
für Deutschland hat der jüdische Weltkongress die
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den ehemaligen
Angehörigen der Waffen-SS kritisiert.
9.
Dezember 2000
Die Jugendlichen der Gruppe »Neue Brücken - Jugend
gegen Rechts« berichten im Stader Tageblatt
über ihre Beobachtungen und Erfahrungen mit neofaschistischen
Tendenzen im Landkreis. »Skins haben meinen Bruder mit einem
Messer bedroht, riefen vor unserem Haus 'Heil Hitler'«, sagt
der 17-jährige Marko, andere fügen hinzu:
»Rechte marschieren mit Fahnen durch Himmelpforten,
ständig prangen neue Nazisymbole an Bushaltestellen und
Hauswänden.«
16.
Dezember 2000
Die Polizei verhindert nachmittags eine
»Wintersonnenwendfeier« der JN (Jugendorganisation
der NPD). Die Neofaschisten erhalten Platzverweise auf dem
Gelände eines Bauernhofes in Eschede (Kreis Celle). Sie fahren
daraufhin in einem Fahrzeugkonvoi nach Bargstedt
und können hier abends - ungestört von der
beobachtenden Polizei - ihre Veranstaltung durchführen. In
einer Presseerklärung berichten die JN: »Anzumerken
bleibt, das wir trotz der Schikanen noch am gleichen Abend unsere zwei
Stützpunkte, Schaumburg Hannover-Land und Lüneburger
Heide, erfolgreich gründen und mehrere Anwärter in
unsere Reihen aufnehmen konnten.« Der Veranstaltungsraum in
Bargstedt gehört dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der
NPD, Adolf Dammann aus Buxtehude-Neukloster.
21.
Dezember 2000
Bereits zum drittenmal innerhalb kurzer Zeit sind Fensterscheiben und
Wände am Dollerner Kindergarten
»Auf dem Reller« mit neofaschistischen Symbolen
(u.a. Hakenkreuze) und Parolen beschmiert worden.
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