VVN-BdA Stade

»Kann Regierungspolitik rechtsextremistisch sein?«

Rühe, Roeder und die »Schlacht um Königsberg«


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© VVN-BdA Stade 2003


Norbert Schwarzer, Oberst der Bundeswehr und wegen der Roeder-Affaire disziplinarisch belangter Chef des Stabes der Führungsakademie, wehrte sich gegen die ihm zugedachte Rolle als Bauernopfer. Am 11. Februar hat er vor dem Untersuchungsausschuß des Bundestages seinen obersten Vorgesetzten Rühe offen als Lügner hingestellt. Rühe hatte erklärt, das Thema des Vortrags von Roeder - die Ansiedlung von Rußlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet - widerspreche »diametral« der außenpolitischen Linie der Bundesregierung. Schwarzer dagegen hielt den Vortrag immer noch für »informativ und gut gemacht«, es sei nichts rechtsextremistisches darin aufgetaucht - und schließlich habe der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Horst Waffenschmidt, ebenfalls über die »Umsiedlung von Deutschstämmigen in den Raum Königsberg« gesprochen.

Wolfgang Rex stellte daraufhin im Neuen Deutschland die Frage: «Kann Regierungspolitik rechtsextremistisch sein?«

Weder Schwarzer noch Abgeordnete der Opposition konnten auf Vorhalten der CDU einen Beleg für entsprechende Aussagen Waffenschmidts nennen. Die Bundesregierung hat offiziell immer wieder beteuert, die Ansiedlung von Rußlanddeutschen in Kaliningrad sei deren Privatangelegenheit. Eine organisierte Unterstützung käme nicht in Frage, um den Vorwürfen einer »schleichenden Regermanisierung« nicht zusätzlichen Zündstoff zu liefern. Dennoch werden Jahr für Jahr Millionensummen für die sogenannte »Erweiterte Humanitäre Hilfe« im Gebiet Kaliningrad ausgegeben. Zuständig ist dafür das Bundesinnenministerium in Person des Staatssekretärs Waffenschmidt - die (Bluts-) Brüder und Schwestern im Osten sind schließlich deutsche »Volkszugehörige«. Selbst das Außenministerium fürchtete politische Probleme und kritisierte diese umfassende Unterstützung der dortigen Rußlanddeutschen, die zwar nicht als Siedlungspolitik ausgewiesen ist, faktisch aber dennoch wie eine wirkt, da durch den Anreiz der »Erweiterten Humanitären Hilfe« und die dadurch in Gang gesetzte Dynamik derselbe Effekt erzielt wird. Die Opposition warf Waffenschmidt und dem Innenministerium vor, eine Art verdeckte »Neben-Außenpolitik« zu betreiben. Dieser Vorwurf könnte mit einigem Recht gegen die gesamte angesprochene Regierungspolitik in bezug auf Kaliningrad, das ehemalige Königsberg, erhoben werden. Nicht nur das Innenministerium, auch andere Ministerien und Organisationen betreiben offensichtlich neben der »offiziellen Linie« eine inoffizielle Außenpolitik, und darin scheint auch »Rechtsextremistisches« eine Rolle zu spielen. Es gibt ein besonderes deutsches Interesse am Gebiet Kaliningrad, die deutsche Außenpolitik verfolgt dort bestimmte Strategien der Einflußnahme - und in diesem Zusammenhang wird auch die Ansiedlung von Rußlanddeutschen diskutiert, offensichtlich eben auch in der Führungsakademie der Bundeswehr.

Eine europäische Germanisierung?

Das Gebiet zwischen der Ostgrenze der Bundesrepublik Deutschland und der Westgrenze der Russischen Föderation, im geopolitischen Vokabular »Zwischeneuropa«, wird als zentrales Konfliktfeld zwischen Rußland und Westeuropa betrachtet. Die BRD als Führungsmacht in Europa, als »wichtigster Spieler zwischen Washington und Moskau«, ist darum bemüht, die Staaten dieser Region in die europäischen Institutionen einzubinden und damit sowohl das eigene Gewicht in der EU als auch das der EU selber zu stärken. Das geht nur in Konkurrenz zu Rußland, wobei es keine Rolle spielt, ob sich dort die »demokratischen« oder die »national-kommunistischen« Kräfte durchsetzen, so der Direktor des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BIOst), Heinrich Vogel: »Auch eine russische Führung, die Kurs auf demokratische politische und marktwirtschaftliche Reformen nimmt, ist noch kein Garant für einen Verzicht auf neoimperiale Politik. Es wäre eine Illusion zu glauben, Moskau werde nicht versuchen, verlorengegangene Einflußgebiete wieder anzubinden.« Von besonderer Bedeutung in diesem »neoimperialen« Kräftemessen ist eben das Gebiet Kaliningrad: »Die Überschneidung zahlreicher politischer und wirtschaftlicher Interessen macht diese kleine Region zum Testfall für den Erfolg oder Mißerfolg einer Neuordnung Ostmitteleuropas«, so der »Geopolitiker« Heinz Magenheimer in der Münchener »Zeitschrift für Politik«.

Die explizite Beschäftigung deutscher Politik mit dem Thema Kaliningrad / Königsberg ist ziemlich genau zehn Jahre alt. Im Jahre 1988, noch vor den welt - und deutschlandpolitischen Umwälzungen, unterbreitete F. W. Christians von der Deutschen Bank der sowjetischen Führung den Vorschlag, in dieser Region eine Sonderwirtschaftszone einzurichten. Die Reaktion war zunächst hinhaltend, der Vorschlag käme 30 - 40 Jahre zu früh, hieß es. Nicht einmal ein Jahr später war die Einrichtung einer solchen Sonderwirtschaftszone schon beschlossene Sache, und Christians unterbreitete einen konkreten Plan für eine Freihandelszone Kaliningrad. Die Reaktionen verdeutlichten aber schon die politische Brisanz des Themas: Umgehend erschien ein scharfer Protest gegen diesen Plan in der Financial Times vom 25.7.1990, die feststellte, die Deutsche Bank habe sich in die »Schlacht um Königsberg« gestürzt. Auch die Nachbarstaaten des Gebiets waren nicht sonderlich erfreut: die liberale polnische Zeitung Polityka erklärte im Oktober 1990, schon wieder hinge ein germanisches Schwert über der nordöstlichen Grenze - nur diesmal eben ein wirtschaftliches.

Nach der Machtübernahme Jelzins und der Auflösung der Sowjetunion schien der Weg frei: das bisherige Sperrgebiet Kaliningrad wurde geöffnet, und Jelzin setzte Jurij Matotschkin als Gebietsgouverneur ein, »der ohne ideologische Scheuklappen deutsche und rußlanddeutsche Zuwanderer zum Wiederaufbau des geschundenen Landes zwischen Pregel und Memel ermutigte«. Andere blieben mißtrauisch: der Vorsitzende des Kaliningrader Stadtsowjets warnte im Januar 1991, im neuen Deutschland gebe es offenbar Leute, die sich so ihre eigenen Gedanken machen über die Zukunft der ehemaligen deutschen Gebiete. Wie recht er damit hatte, sollte sich noch zeigen.

Zunächst besuchte vom 27. bis zum 30.8.91 die erste deutsche Wirtschaftsdelegation Kaliningrad, sie vertrat einen Fächer von Branchen, aus dem sich die potentiellen wirtschaftlichen Interessenschwerpunkte im Gebiet ablesen lassen: Schiffahrt, Hafenwirtschaft, Spedition, Autotransport, Werften, Maschinen-, Waggon- und Containerbau, Bauwirtschaft, Fischwirtschaft und Lebensmittelhandel, Bierproduktion, Fruchthandel, Bernsteinhandel, Kommunikationsbranche und Touristik. Die deutsche Wirtschaft läßt ungeachtet des durchaus vorhandenen Interesses in der Folge immer wieder durchblicken, daß das Gebiet grundsätzlich als Markt keine Bedeutung hat, sehr wohl aber als Standort, und zwar als Handelsstandort und Umschlagplatz für die Im- und Exporte des riesigen russischen Raums.

Nach den ersten Sondierungen und Bestandsaufnahmen geschah dann, was zumindest Die Zeit dem so zivilisierten Deutschland nicht zugetraut hätte: Es »vergehen nur ein paar Monate, bis in der deutschen Öffentlichkeit Ende 1991, Anfang 1992 dann doch wie aus heiterem Himmel eine Diskussion beginnt, in der die ferne Stadt an der Ostsee plötzlich nicht mehr nur als ökonomischer, sondern zunehmend auch als politischer Raum gedacht und geträumt wird und dabei eine europäische Zukunft bekommt, deren Pointe darin besteht, daß über die Zukunft Kaliningrads in keinem Fall die Russen allein und in jedem Fall die Deutschen ein bißchen mitbestimmen sollen.« Ob vielleicht gar für die bundesdeutsche Politik dasselbe gilt wie für die »neoimperiale« russische, daß sie nämlich, unabhängig davon wer gerade regiert, auf die Gewinnung von Einflußgebieten zielt?

Wie dem auch sei, wenn sie schon nicht auf Expansionspolitik verzichten kann, so hat die deutsche Außenpolitik zumindest eines aus der Geschichte gelernt: Nie wieder allein! Das Mitglied der CDU/CSU-Arbeitsgruppe Wilfried Böhm formulierte diese Erkenntnis folgendermaßen: »Deutschland würde sich bei einem Alleingang in dieser Region überheben, erstens wirtschaftlich, zweitens aber - und das ist für ihn das Entscheidende - «politisch: weil Deutschland spätestens seit der Wiedervereinigung ohnehin vielen als zu mächtig erscheint ... und sich endgültig dem Verdacht aussetzen würde, eine umfassende Grenzrevision anzustreben.» Kanzlerberater Stürmer schloß sich dem in seinem wegweisenden Artikel «Eine Aufgabe namens Königsberg» an: «... allerdings kann Deutschland nicht allein in Vorlage treten», und erwies sich als höflicher Mensch: «Der Europäischen Union gebührt der Vortritt.» Hartmut Koschyk schließlich, der Vorsitzende des VDA (Verein für das Deutschtum im Ausland), ehemaliger Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen, Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen- und Flüchtlingsabgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und außerdem noch Böhms Kollege in der «Arbeitsgruppe Außenpolitik» forderte, es müsse «in der Königsberg-Frage» mit einem europäischen Konzept ... offensiv vorgegangen werden.«

Ein »deutsches Homeland« in Kaliningrad?

Genau das geschah im Jahre 1992 und geschieht bis heute. Es wurden und werden Konzepte und Pläne erarbeitet, deren Pointe immer darin besteht, daß das Kaliningrader Gebiet in irgendeiner Form an die EU angebunden werden soll, sei es als Freihandelszone, als assoziiertes Mitglied oder, so die meist favorisierte Lösung, in Form einer Euroregion, die von Rußland weitgehend unabhängig sein soll. Exemplarisch für die dabei verfolgte verdeckte Strategie ist die Arbeit der »Internationalen Studiengruppe ´Hanseregion Baltikum`«. Beauftragt wurde die Studiengruppe vom damaligen Vorsitzenden des Rates von Estland, Tune Kelam, Vorsitzender war Hubertus Hoffmann, zugleich Vorsitzender des Deutsch-Estnischen Wirtschaftsrates, und wie der Zufall es wollte, waren 13 der 18 Mitglieder der »Internationalen Studiengruppe« deutsche Staatsbürger. Der von ihnen erarbeitete Bericht sollte dem Baltikum und Königsberg »eine europäische Zukunftsvision« eröffnen. Konkret wurden zwei Dutzend Maßnahmen zur Gestaltung einer »Hanseregion Baltikum« vorgeschlagen, unter anderem die Einrichtung von Treuhandanstalten nach deutschem Vorbild. Diese Region sollte die notwendige Vorstufe zur Integration der drei baltischen Staaten und einer »Euroregion Königsberg« in die EG sein, das Gebiet Kaliningrad sollte dazu einen autonomen Status innerhalb der Russischen Föderation erhalten, der weitgehende Selbstbestimmungsrechte auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet beinhaltete, die formale Zugehörigkeit zum Territorium Rußlands aber nicht antastete. Im Januar 1992 wurde der Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt, Anfang August 1992 reiste eine deutsche Gruppe mit Bundestags- und Europaabgeordneten nach Kaliningrad, um ihren russischen Gesprächspartnern die entsprechenden Pläne und Perspektiven zu erläutern. Diese hatten die Intention aber anscheinend erkannt, denn der politische Redakteur der Welt, Clemens Range, mußte berichten: »... die Statthalterin von Präsident Jelzin, Tamara Poluektowa, verhehlte gegenüber der deutschen Delegation nicht ihren Eindruck, daß hier ´ein neuer Kolonialismus` des wirtschaftlich mächtigen Deutschland entstehe, denn die Vorschläge ließen außer acht, ´daß wir zu Rußland gehören`.«

Der Artikel Ranges erschien im Dezember 1992 in der Zeitschrift MUT, einem Blatt aus der Braunzone zwischen dem rechten Flügel der CDU/CSU und offen neofaschistischen Kräften. Im Oktober 1994 wurde er in der EUROPÄISCHEN SICHERHEIT nachgedruckt, dem wohl wichtigsten Strategie- und Theorieorgan der Bundeswehr, das unter ständiger Beteiligung der Führungsakademie der Bundeswehr erstellt wird. Diese interessierte sich also schon damals durchaus für das Kaliningrader Gebiet und hatte dabei keine großen Berührungsängste in bezug auf »Rechtsextremistisches«.

Ungeachtet der ablehnenden Reaktion verfolgte die bundesdeutsche Außenpolitik ihre Linie weiter. Anfang September 1992 betonte der Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Karsten Chrobog, auf einer internationalen Konferenz in Kaliningrad ausdrücklich, die BRD würde keine Gebietsansprüche erheben, forderte aber »Dezentralisierung und entsprechende lokale Entscheidungsbefugnisse für die Gebietsbehörden«. Vom 20.-24. September 1992 veranstaltete die »Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik« gemeinsam mit dem Veranstaltungsforum Handelsblatt» ein »Hanse-Kolleg« mit 240 Teilnehmern in Kaliningrad, das anknüpfend an die Idee der Hanse (nicht ganz unbekannt als Modell deutscher Vorherrschaft in der Region) unter der Fragestellung stand, »wie diese Ideen durch die Politik der Freihandelszonen und Wirtschaftssonderzonen unter heutigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen im Ostseeraum wiederbelebt werden können«.

Die Zeit wundert sich aus diesem Anlaß über die große Koalition in dieser Frage: »Auch für einen sozialdemokratischen Politiker wie den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, dies zeigt sein in Kaliningrad gehaltener Vortrag vom September 1992 ... ist es im Jahre zwei der deutschen Einheit keine Frage, daß er der Stadt und der Region eine europäische Zukunft verspricht und eine deutsche zugleich wie nebenbei verordnet.«

Der mit der »Königsberg-Frage« befaßte SPD-Abgeordnete Erler bestätigte gegenüber dem BIOst ausdrücklich den breiten Konsens zwischen der Bundesregierung und der SPD hinsichtlich der Königsberg-Frage.

Diese deutschen Bemühungen um die »Zukunft Königsbergs« wurden in anderen Ländern wenig wohlwollend betrachtet. Der vertrauliche Bericht eines US-amerikanischen Pentagon-Mitarbeiters kam im September 1992 gar zu dem Schluß, daß sowohl die Ansiedlung von Rußlanddeutschen als auch ein intensives Engagement des deutschen Handels und der deutschen Industrie in dieser Region ein »deutsches Homeland« innerhalb der russischen Föderation schaffen würden.

Neuer »Drang nach Osten«?

Die russische Regierung sah das anscheinend ähnlich. Der damalige Außenminister Kosyrew begründete im März 1993 die Notwendigkeit einer starken russischen Militärpräsenz im Kaliningrader Gebiet damit, daß die auf Annexion gerichteter Bestrebungen in Deutschland eine Gefahr darstellten, und im Baltikum »jugoslawischen Zustände« drohten.

Die deutsche Außenpolitik aber blieb bei ihrer Linie und setzte weiterhin auf die europäische Schiene. So debattierte am 8. Februar 1994 das Europaparlament über einen Entschließungsantrag zum Thema Kaliningrad, der die deutschen Vorstellungen wiederspiegelte und einen besonderen Status für dieses Gebiet und ein stärkeres Engagement der EG forderte. Grundlage der Debatte war ein Bericht der SPD-Europaabgeordneten Magdalene Hoff, der Vorsitzenden der Delegation des EP für die Beziehungen zur GUS. Diese bat das Parlament noch einmal ausdrücklich um Unterstützung für das Verlangen, in den Partnerschaftsvertrag mit Rußland eine spezielle Klausel über Handel und Zusammenarbeit mit dem Kaliningrader Gebiet aufzunehmen. Aus der Sicht der Europäischen Kommission äußerte sich abschließend der Kommissar für Regionalpolitik in Brüssel, Bruce Millan. Er erklärte zunächst sein Verständnis für die im Antrag enthaltene Forderung nach Abbau der russischen Militärpräsenz im Gebiet Kaliningrad, fügte aber hinzu, dabei handele es sich »entschieden um interne Angelegenheiten Rußlands«, und es sei nicht sehr weise, Rußland Vorschläge zu machen, die »als eine Verletzung seiner Souveränität interpretiert werden könnten«. Dann fuhr er fort: »Ähnlich ist die Kommission nicht davon überzeugt, daß es möglich oder wünschenswert ist (...), dem Kaliningrader Gebiet eine Vorzugsbehandlung angedeihen zu lassen, bis hin zu einer besonderen Erwähnung in dem Abkommen über Partnerschaft und Kooperation (...). Sollte die russische Regierung eine solche Bitte vortragen, würde die Kommission selbstverständlich gewillt sein, sie zu erwägen. Aber in einer Sache wie dieser sollte die Kommission nicht drängen. Die Ansicht (...), daß die russische Regierung Kaliningrad eine Art ökonomischer Souveränität gewähren sollte, die dem Gebiet den Abschluß von Abkommen mit der Weltbank, der EBRD und der Europäischen Union erlauben würde, betrifft in ähnlicher Weise entschieden die Angelegenheiten der russischen Regierung. Ich würde vermuten, daß diese darin einen gefährlichen Präzedenzfall für den Zusammenhalt der russischen Föderation sehen würde. Und ich muß sagen, daß die Kommission mit dieser Sichtweise sympathisieren würde.«

Diese eindeutige Charakterisierung der deutschen Politik als Versuch zur Abspaltung des Kaliningrader Gebiets von Rußland (in der FAZ verschämt nur als »zurückhaltende Reaktion« des EU-Kommissars erwähnt), hinderte das Europaparlament nicht daran, dem Entschließungsantrag mit überwältigender Mehrheit zuzustimmen.

Die russische Regierung blieb daraufhin nicht untätig. Außenminister Kosyrew äußerte sich unter ausdrücklichem Hinweis auf die deutschen Königsberg-Debatten nun auch skeptisch bis ablehnend über die Bonner Pläne zur baldigen Errichtung eines deutschen Generalkonsulats in Kaliningrad. Der Spiegel meldete: »Seinen Bonner Amtskollegen Kinkel, der in dieser Woche Moskau besucht, will er ... vor Rückfällen ´in den germanischen Drang nach Osten` warnen: Besonders die Anfang Februar auf Anregung deutscher Abgeordneter im Europa-Parlament angezettelte Königsberg-Debatte und das Verlangen nach einem ´Sonderverhältnis` zwischen Europäischer Union und dem Gebiet Kaliningrad seien eine ´glatte Unverschämtheit`.«

Am 17.3.1994 entschied der russische Verteidigungminister Gratschow, das Kaliningrader Gebiet zur Sonderverteidigungszone zu erklären und weitere mobile Einsatztruppen zu stationieren. BIOst-Direktor Vogel mußte im Mai 1994 konstatieren: »Heute gibt Rußland unmißverständlich zu verstehen, daß es auf keinen Fall bereit ist, die Kontrolle über die auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion entstandenen Staaten aufzugeben und daß es eine Einmischung Dritter in die Angelegenheiten der ganzen Region nicht zulassen wird.« Ganz explizit galt das auch für Kaliningrad: Die russische Regierung beschloß Anfang Juli 1994, das vorgesehene »Gesetz über den Status des Kaliningrader Gebiets« umzuwidmen in ein »Gesetz über die Gewährleistung der Souveränität der Russischen Föderation auf dem Territorium des Kaliningrader Gebietes«.

Von der offenen Schlacht zum Stellungskrieg

Nach dieser ersten »Schlacht um Königsberg« ist es ruhiger geworden um das Gebiet, jedenfalls in der Öffentlichkeit, die Auseinandersetzung wird als »Stellungskrieg« weitergeführt. Der russische Vizepremier Schachraj stellte fest, Deutschland betreibe »unauffällig, aber systematisch ... die Festigung seiner Positionen in Wirtschaft, Kultur und gesellschaftlichem Leben des Königsberger Gebiets, das in inoffiziellen Dokumenten immer häufiger Ostpreußen genannt wird«.

Diese Einschätzung entspricht durchaus den Tatsachen, und die deutschen Stellungen sind gut ausgebaut und befestigt. Die deutsche Wirtschaft ist vor allem in strategisch wichtigen Bereichen präsent: Die mehrheitlich deutsche Rossbahn GmbH beteiligte sich am Bau der Autobahn Berlin - Kaliningrad; Krupp und Preussag übernahmen die vollständige Erneuerung der Eisenbahnlinie von Kaliningrad zur polnischen Grenze; deutsche Firmen renovierten das Hafengebiet; und die Lloyd-Werft Bremen erhielt einen Vertrag über die Reparatur und Modernisierung von Schiffen des riesigen russischen Fischereiunternehmens Reftransflot. Eine Mainzer Firma übernahm die Breitbandverkabelung der Region und die Telekom-Tochterfirma Detemobil erhielt die Lizenz für ein Mobilfunknetz für das gesamte Gebiet zwischen Moskau und den baltischen Staaten einschließlich Kaliningrads.

Für den Bau von Hotels und Kaufhäusern sowie die Pachtung von Land für Musterbauernhöfe zur Ansiedlung von Rußlanddeutschen vereinbarte eine Münchener Firma im Dezember 1992 mit der Regionalverwaltung eine Investitionssumme von über einer Mrd. DM.

Die Deutsche Bank schließlich ist gemeinsam mit RWE-DEA und Veba Oil an einem Ölprojekt in der Ostsee vor Kaliningrad beteiligt. Dort wurden 1995 zehn Millionen Tonnen Erdöl vermutet, Anfang 1997 berichtete die FAZ von »offenbar gigantischen Vorkommen erstklassigen Öls«. Einiges deutet darauf hin, daß Kaliningrad auch in dieser Hinsicht von Interesse ist.

In der Verwaltung und Wirtschaft des Gebiets machten deutsche Berater ihren Einfluß geltend und stellten die Weichen in Richtung Privatisierung und Marktwirtschaft. Anfang April 1992 absolvierten die Chefs der Gebietsadministration von Kaliningrad und einiger großer Industrieunternehmen ein zweiwöchiges Seminar in der Akademie Santelmark in Schleswig-Holstein, bei dem ihnen die Grundzüge der Marktwirtschaft nahegebracht werden sollten.

Die Treuhand Osteuropa Beratungsgesellschaft aus Berlin, bis 1993 eine Tochtergesellschaft der bundeseigenen Treuhandgesellschaft, schloß im September 1992 einen Vertrag mit der Gebietsverwaltung über die »Beratung und Begleitung der Region Kaliningrad bei der Vorbereitung und Realisierung des Übergangs von der zentralen Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft durch entschlossene Privatisierung«.

Ebenfalls in der Gebietsadministration arbeitete eine Gruppe von deutschen Beratern im Auftrag der deutschen Regierung, Mitarbeiter der Software Union, Gesellschaft für Unternehmensberatung. Sie waren bei der Ausarbeitung des Privatisierungsprogrammes und bei der Erörterung des Gesetzentwurfes über den Status des Kaliningrader Gebietes beratend tätig. Ein ständiger Vertreter der Gruppe war im zweitgrößter Betrieb des Gebiets, der zum Raumfahrt / Militär - Sektor gehört, präsent. Auch beim Aufbau einer neuen Verwaltungsstruktur der Kühltransportflotte »Reftransflot« leistete das Team Hilfestellung.

Im Auftrag des Bundesumweltministeriums sollte ein Berater in der Gebietsverwaltung den Umweltschutz in der Region »auf Vordermann bringen«.

Auch die Polizei des Gebiets Kaliningrad wurde von deutschen Polizeibehörden gecoacht. So übernahm die Landespolizei Schleswig-Holstein eine »Patenschaft« für die Polizei des Gebiets, die auch »technische Hilfe« einschloß. Auf der Polizeiakademie in Kaliningrad wird inzwischen Deutsch als einzige Fremdsprache gelehrt.

Mithilfe der Verbreitung der deutschen Sprache wird auf die Entwicklung Kaliningrads Einfluß genommen. Mittlerweile hat sich Deutsch als zweite Sprache etabliert, 75% der Studierenden an der dortigen Universität haben Deutschkurse belegt. Deutsche Stiftungen wie die Robert-Bosch-Stiftung finanzieren einen Dozentenaustausch mit deutschen Universitäten und deutsche Gastprofessuren an der Kaliningrader Universität; an Hochschullehrer und --lehrerinnen aus Kaliningrad werden Stipendien vergeben.

Auch die Kultur wird nicht vernachlässigt: mit deutschen Geldern wurde die Kant-Statue nachgebildet und wieder aufgestellt, der Dom, Erinnerung an die Zeit des Deutschen Ordens, wird restauriert, und die Bundesregierung investierte 2,5 Millionen DM in ein Deutsch-Russisches Haus, das der örtlichen Organisation der Rußlanddeutschen zur Verfügung steht.

Inzwischen scheinen die Stellungen wieder heftiger umkämpft zu sein. Nachdem bei den ersten freien Wahlen der deutschfreundliche Gouverneur abgewählt wurde, sieht Der Spiegel das Gebiet »fest in den Klauen der Mafia« und behauptet, der neue Gouverneur Gorbenko finde Vergnügen daran, »Ausländer zu drangsalieren«: »Gerade Deutsche sind nur als Sponsoren und Berater willkommen.« Andererseits lud der Bürgermeister Kaliningrads, Koschemjakin, die Landsmannschaft Ostpreußen anläßlich deren Deutschlandtreffen 1997 ein, beim »Wiederaufbau« der Stadt mitzuwirken, und im Deutschen Ostdienst vom 30. Mai 1997 berichtet der Vertriebenenfunktionär Hupka, die Deutschen seien in Kaliningrad mit 73% als ausländischer Investor die Nummer Eins.

Rußlanddeutsche und »schleichende Germanisierung«

Die »realpolitische« Expansionspolitik der Bundesregierung war immer wieder einer Kritik ausgesetzt, die die offizielle Zurückhaltung bemängelte und ein offensiveres Vorgehen forderte, insbesondere eine verstärkte Förderung der Ansiedlung von Rußlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet, um die deutschen Ansprüche zu untermauern.

Der Bund der Vertriebenen forderte offiziell von der Bundesregierung, »die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Rußlanddeutschen in dieser Region zu schaffen und die dortige Niederlassung der Rußlanddeutschen finanziell zu fördern«. Auch der CDU-Abgeordnete und Außenpolitiker Böhm bezeichnete diese Ansiedlung als »konstruktives Element«, und der in dieser Frage sehr engagierte frühere Präsident der Universität Hohenheim und Wissenschaftsenator a.D. von Berlin, George Turner, kritisierte die Bundesregierung heftig, weil sie angeblich jede Unterstützung für die Ansiedlung Rußlanddeutscher verweigere. Der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Nordrhein-Westfalen, Farthmann, befürwortet 1992 ebenfalls ausdrücklich die Ansiedlung von Rußlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet.

Die Junge Freiheit beklagte im Januar 1992 einen »Holocaust in Ostpreußen«,der 1945 durch die »rote Soldateska« verübt worden sei, und glaubte zu wissen, daß nach dem Zerfall der Sowjetunion die »Chancen für ein deutsches Königsberg so groß wie nie« wären. In der FAZ erschien dann im März 1992 eine großformatige Anzeige, in der unter dem Titel »Freiheit für Königsberg« die Bundesregierung aufgefordert wurde, »unverzüglich mit den Regierungen Rußlands und Litauens in Verhandlungen über eine Ermöglichung der ungehinderten Ansiedlung von Deutschen (insbesondere der Rußlanddeutschen) und eine deutsche Verwaltung Nordostpreußens einzutreten«. Unterzeichnet war sie von einer Vielzahl von Akteuren aus dem rechtsextremen Spektrum, verantwortet wurde sie vom Verein »Unitas Germanica« in Stuttgart, der auch als Herausgeber der Jungen Freiheit fungierte.

Im Herbst 1993 erschien in der Welt am Sonntag eine fünfteilige Serie unter dem Titel »Der Wettlauf um Königsberg«, in der u.a. vom CDU-MdB Franke die angeblich zu zurückhaltende Politik vor allem des Auswärtigen Amtes offen kritisiert und einer Politik das Wort geredet wurde, die im Sinne der Vertriebenenverbände in »Ostpreußen« eine »deutsche Identität« erhalten beziehungsweise wiederherstellen solle und »mögliche Grenzkorrekturen« nach dem »zulässigen Völkerrechtsprinzip des ´friedlichen Wandels`« ausdrücklich anstrebt.

Die Art der Stellungnahme des Studienzentrums Weikersheim schließlich verdeutlicht, daß die Übergänge zwischen rechtsextremistischer und Regierungspolitik fließend sind. Dieses Studienzentrum, ein Sammelbecken rechter und rechtextremistischer Kreise (zur Jungen Freiheit bestehen Kontakte, im Präsidium saßen 1992 u.a. der ehemalige Marinerichter Filbinger und der Brigadegeneral a.D. Heinz Karst), ließ von seinem mit über 800 TeilnehmerInnen sehr gut besuchten Kongreß im Juni 1992 eine Resolution »KÖNIGSBERG 2000« verabschieden, in der die Bundesregierung zu einer verstärkten »Ansiedlung von Rußland-Deutschen im siedlungsleeren Nördlichen Ostpreußen« aufgefordert wird. Neben der forcierten Ansiedlung verlangt die Resolution aber auch eine »europäische Perspektive« für Königsberg und nähert sich damit der offiziellen Linie der deutschen Außenpolitik an.

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende und designierte Kohl-Nachfolger Schäuble erklärte in seinem Beitrag zum Kongreß, »in allen osteuropäischen Ländern« sei »ein föderal und dezentral organisierter Staatsaufbau« zu schaffen und gab als Perspektive vor: »Wir wollen Grenzen nicht in ihrem Verlauf, sondern in ihrer Bedeutung verändern.«

Die Bundesregierung bemühte sich ihrerseits, die Kritik an ihrer offiziellen Zurückhaltung in der »Königsberg-Frage« mit dem Hinweis auf verdeckte Aktivitäten zu entkräften: Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut Schäfer, reagierte im März 1992 im Bundestag auf den Vorwurf einer zu defensiven Außenpolitik und die Forderung nach stärkerer Förderung der Ansiedlung Rußlanddeutscher in Kaliningrad mit der Bemerkung: »Es besteht auch kein Anlaß dazu, daran zu zweifeln, daß wir natürlich mit der gebotenen Sorgsamkeit, Vorsicht und auch mit diplomatischem Geschick mit Interesse verfolgen werden, wie die Entwicklung bezüglich dieses Gebietes in Zukunft verläuft, oder an dieser Entwicklung beteiligt sein werden.«

An dieser Entwicklung waren - mit Wissen und Unterstützung der Bundesregierung - offen revanchistische und neofaschistische Organisationen nicht nur in der Person Roeders und seines »Deutsch-Russischen Gemeinschaftswerks« beteiligt. Im Dezember 1997 mußte das mit der Überprüfung der »Hilfsaktionen« beauftragte Materialamt des Heeres einen weiteren Fall eingestehen: eine Organisation namens »Aufbau Bernsteinland Ostpeußen e.V.«, die für die Unterstützung der Rußlanddeutschen im »Ordensland Preußen« wirbt, hatte kostenlos Fahrzeuge für »humanitäre Zwecke« erhalten.

Interessanterweise hatte der Präsident dieser Organisation, Ottfried von Weiß, noch Ende 1993 in der »Welt« über fehlende Unterstützung geklagt: diese müsse »im Bundesverteidigungsministerium, Abteilung Rüstung II/4, Staatssekretär Schönbohm, beantragt werden. Grundsätzlich muß das Bonner Auswärtige Amt davon verständigt werden. Und das sagt im Falle Nord-Ostpreußen grundsätzlich Nein. Schönbohm und seine Mitarbeiter antworten nicht einmal auf Anträge wie in unserem Fall. Das sind die Nachwehen der Genscher-Politik: Nur nicht den Polen Anlaß zur Kritik geben!«

Die »Welt« berichtete über einen anderen Antrag: »Der Bescheid des Ministeriums ... war ablehnend. Die Begründung gibt Aufschluß: »Die von Ihnen erbetenen Gegenstände dienen ... unmittelbar der Ansiedlung von Rußlanddeutschen im Kaliningrader Gebiet. Es ist nicht ersichtlich, daß sich die Empfänger in einer Notlage befinden, die humanitäre Hilfe erforderlich macht.«

Die entsprechenden Behörden haben sich die Kritik an ihrer zu großen Vorsicht zu Herzen genommen: sowohl die Organisation »Aufbau Bernsteinland Ostpreußen« als auch Roeder erhielten die gewünschte Unterstützung. Auch das Außenministerium hat sich diese Politik der verdeckten Förderung rechtsextremistischer Aktionen offensichtlich zu eigen gemacht: 1995 warnte die deutsche Botschaft in Moskau das Verteidigungsministerium und das Auswärtige Amt vor Roeders Aktivitäten in Kaliningrad und riet dazu, die Lieferungen an sein »Deutsch-Russisches Gemeinschaftswerk« zu überprüfen. Nach Informationen des Fernsehmagazins Monitor faxte das Außenministerium zurück: Wegen »dringenden Bundesinteresses« sollten die Lieferungen routinemäßig fortgesetzt werden.

Der Welt-Redakteur Range hat in der EUROPÄISCHEN SICHERHEIT die Lehre aus den ersten Schlachten um Königsberg benannt: »Rußlandkenner meinen, man sollte die Empfindlichkeiten berücksichtigen und die nächsten Jahre deshalb nicht an den Zuständigkeiten rütteln.« Wohlgemerkt: die nächsten Jahre! Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und schon im September 1996 werden in der EUROPÄISCHEN SICHERHEIT andere Töne angeschlagen.

Ein Johannes Heisig plaudert zunächst das Erfolgsrezept der deutschen Außenpolitik aus: »Deutschland hat bisher kein konkretes Interesse im Hinblick auf das nördliche Ostpreußen formuliert, sondern sich mehr auf einzelne Aktivitäten konzentriert. Dies geschah aus Vorsicht, um nicht den Anschein neuer deutscher Gebietsansprüche zu erwecken.« Dann aber fordert er nicht nur verstärkte Unterstützung der Bundesregierung für das Kaliningrader Gebiet im allgemeinen und die Ansiedlung der Rußlanddeutschen im speziellen, für die das Gebiet eine Alternative zur endgültigen Auswanderung sei, sondern verlangt dort gleich eine »autonome deutsch-russische Republik innerhalb der Russischen Föderation«.

Diese Möglichkeit wurde in der Zeitschrift Osteuropa der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde im Oktober 1995 schon weiter gedacht: »Im Kaliningrader Gebiet wird eine zunächst von Rußland abhängige, später selbständige Republik der Rußlanddeutschen gegründet. Eine solche Entwicklung ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man statistische Daten zum Zuzug von Rußlanddeutschen betrachtet.«

Als wahrscheinlichste Variante wird aber in derselben Zeitschrift die Umgestaltung Kaliningrads zu »einer Art Euroregion« genannt, das bleibt auch die offizielle Linie der deutschen Außenpolitik. Vielsagend heißt es zu den Konsequenzen, das Gebiet bleibe dadurch »fester Bestandteil Rußlands«, obwohl »die Souveränität Rußlands nicht mehr so deutlich wäre wie heute.« Da wundert es nicht, daß in der Beilage zur Zeitschrift Das Palament »eine gewisse Europa-Skepsis« in Rußland und Kaliningrad konstatiert wird: »Die EU-Einbindung wird als erster Schritt zum Verlust der russischen Souveränität gesehen ... Die Europäisierung wird - ebenfalls in Polen und den baltischen Ländern - nicht zuletzt als Deckmantel schleichender Germanisierung verstanden.«

Die Tatsachen sprechen dafür, daß diese Skepsis nicht ganz unbegründet ist.